Der 6. Spieltag ist vorbei und der FC Bayern hat zuhause gegen Mainz verloren. Zurecht. Wir diskutieren über das Spiel und die Folgen für den Rekordmeister. Was fehlt, wo muss was getan werden damit es bald wieder läuft?
Heute wieder mit dabei: Holger Broda, Christian Schommer und Yalcin Imre
Was war nicht alles los diese Woche: Die Jagd auf Platz 1 geht weiter: Leverkusen und Schalke stolpern und Bayern sitzt Bayer mit zwei Toren im Nacken und Bierhoff, Löw und Theo Zwanziger liegen sich in den Haaren, während die Gruppen für die EM-Qualifikation gezogen werden.
All´ das und mehr in Folge 18 unseres Bayern-Grantler-Fussball-Podcasts:
Die Bayern, die hatten Maier, die hatten Aumann & Pfaff, sie hatten einen Oliver Kahn – und sie halten allen Ernstes im zweiten Jahr hintereinander an Rensing fest. Talent alleine reicht nicht, wenn man solche Bälle reinläßt“
Steffen Simon über Michael Rensing, beim 1:0 gegen Mainz.
Falls es noch Beweise gebraucht hat um jemanden davon zu überzeugen, dass Jürgen Klinsmann nicht an allem Elend in der letzten Saison schuld war, dürfte jetzt der schlechteste Saisonstart seit 43 Jahren Beweis genug sein.
Okay, einige Stammkräfte der letzten Saison sind nicht aufgelaufen, bzw. neue Spieler sind für den Rekordmeister aufgelaufen, aber das was schließlich auf dem Platz passiert ist, hat das grauenhafte Gekicke der letzten Saison unterboten.
Rensing, van Buyten, Schweinsteiger, Altintop und Sosa – allesamt haben gestern in Mainz ihren Ruf als Durchschnittsfussballer bestätigt. Allerdings gewinnt man mit solchen Kickern keinen Blumentopf, schon gar nicht die deutsche Meisterschaft. Da muss man keinen Trainerschein dafür haben und schon gar nicht im Aufsichtsrat sitzen, das sieht ein sogar Blinder bei Nacht.
Was van Buyten bei den beiden Gegentoren gedacht hat, würde mich schon interessieren. Gestern wurde er mal wieder seiner äußeren Erscheinung gerecht und trabte sowas von phlegmatisch auf dem Platz herum, dass mir früher die Galle hochgekocht wäre – inzwischen winke ich aber nur noch verächtlich ab.
Im Angriff läuft Klose völlig aus der Spur und sollte _endgültig_ Platz machen für den kilometerfressenden Neuzugang Ivica Olic, dessen Einwechslung gestern das Bayern-Spiel sehr bereichert hat.
Gomez tat mir gestern einfach nur Leid. Als einizige Spitze aufgestellt, musste er immer wieder auf die Flügel ausweichen bzw. zurücklaufen, da die restliche Mannschaft die zügige Bewegung in Richtung gegnerisches Tor verweigerte. Wenn er auch nur halbwegs ordentlich mit Flanken und Pässen gefüttert wird, macht der Junge seine Buden.
Zu den weiteren Neuzugängen: Braafheid und Pranjic haben einfach nicht die Kragenweite, um dem FC Bayern weiterzuhelfen. Und kommt mir nicht mit Eingewöhnungsproblemen oder sonstigem Mist – die zwei Spielen seit Kindertagen Fussball, treten sogar für ihre Nationalmannschaften an, bleiben aber sobald sie das Bayern-Trikot überziehen, total blass.
Apropos blass: Tymoshchuk. Klarer Fall von „große Worte – nichts dahinter†– bis jetzt. Hielt sich in der Vorbereitung für den designierten Chef im Mittelfeld, zeigt aber gegen Bremen und gegen Mainz nicht mal eine wage Andeutung einer Begründung für seine Ansprüche.
Und wenn ich schon dabei bin: Wofür haben wir Lell, Görlitz, Ottl und Breno? Als Banklückenfüller? Kofferträger für den Trainer? Oder findet van Gaal die vier total symphatisch?
Was sich Trainer van Gaal mit seinem 4-5-1 gedacht hat, wird wohl auf ewig sein Geheimnis bleiben. Klose zurückhängend hinter Gomez auflaufen zu lassen, dazu Schweinsteiger in die Mitte und Pranjic links vorne aufzustellen war völliger Unfug. Eigentlich standen wir uns selbst damit nur auf den Füßen, denn die Mainzer selbst standen ebenfalls mit 5 Mann im Mittelfeld. Mehr Anspielstationen vorne in diese Versammlung im Mittelfeld zu entzerren wäre eine Lösung gewesen. Hatte der Trainer solchen Respekt vor Bance und seinen Kollegen? So musste van Gaal schon in Halbzeit eins korrigieren und Altintop und Pranijc gegen Müller und Olic tauschen.
Natürlich können so Spiele mal vorkommen, aber wie ich das sehe lernt der FC Bayern nichts daraus. Außer Gomez, Lahm und Ribery hat diese Mannschaft _keinen_ Spieler mit internationaler Kragenweite. Die Neuzugänge Baumjohann, Badstuber und Braafheid, sowie bewiesene Blindgänger wie Schweinsteiger, Sosa, Altintop und Lell bringen uns nicht weiter. Da kann van Gaal noch so schönen Systemfussball beibringen wollen, diese Spieler werden es nicht verstehen.
Qualität wie Ze Roberto und Lucio abzugeben, Fallobst wie Sosa und Lell zu behalten, keinen besseren Torwart zu holen und dazu nur Spieler eines Kalibers wie Pranjic und Braafheid zu kaufen, aber den Substanzverlust dann mit einem neuen System auffangen zu wollen, klingt für mich mehr als naiv. Da muss sich der Vorstand mal an die Nase fassen und zwar gewaltig.
Bloggerkollege Dülp vom Bolzplatz-Blog hat letzte Woche eine Saisonprognose auf seiner Seite veröffentlicht, die ich zu 100% unterschreiben könnte. Seine Einschätzungen der Bundesligamannschaften sind gut begründet und treffend formuliert.
Am besten gefällt mir natürlich die Einschätzung des FC Bayerns (auf Platz 3) mit den Worten:
Louis van Gaal wird gerade von den Medien abgefeiert, als wäre Jesus in München auferstanden. Das schmeckt mir nicht. Klar, ich halte auch viel von ihm und mag ihn als Charakter sehr gerne. Nur: Autorität und alleine sind noch keine Garantie für den Erfolg.
Bayern hat für mich eine große Baustelle in der Defensive. Wer mit einem Badstuber und einem Rensing als Stammkräfte in die Saison geht, dem fehlt die Klasse, um über den Dingen zu schweben. Wer Braafheid und Pranjic neben Gomez als Top-Einkäufe präsentiert, der ist nicht mehr als einer von vielen Anwärtern auf die Meisterschaft.
Van Gaal wird seine Probleme bekommen, wenn er zwei, drei Spiele hintereinander nicht gewinnt. Das wird Hans Meyer auf hohem Niveau. Wenn ich ehrlich bin: Ich würde es gerne sehen. Nicht weil ich Bayern schlechtes gönne. Nur aufgrund des Unterhaltungsfaktors.
Natürlich sind die restlichen Prognosen ebenfalls mehr als lesenswert.
„Ich habe 25 Spieler“, kontert van Gaal die Nachfrage zu Timoschtschuk. Viele Baustellen sind das für den Trainer. Stimmen die Ergebnisse, wird über die spielenden elf berichtet – wenn nicht, besonders über die anderen 14.
Es war doch eigentlich wie immer: Abwatscht und mit eingekniffenem Schwanz kehrt der FC Bayern München von einem Europapokalabend nach hause. Dabei ist diese Chancenlosigkeit und Ohnmacht die einen befällt nichts neues – ganz im Gegenteil – inzwischen müsste sich der Rekordmeister daran gewöhnt haben.
Nämlich vor ca. 3 Jahren ist der FCB ähnlich schlimm verhauen worden, wie gestern in Barcelona, schon im Achtelfinale der Champions League gegen den AC Mailand. Nach einem durchwachsenen 1:1 im Hinspiel ging der deutsche Vorzeigeverein sang- und klanglos mit 1:4 im Giuseppe-Meazza-Stadion unter. Damals wie heute schüttele ich den Kopf über das gigantische Ausmaß der Verwunderung nach dieser Niederlage.
Genau wie gestern war der Einzug ins Halbfinale der CL nichts weniger als Utopie. Der AC Mailand war damals in Hochform, genau wie Barcelona heute. Bei Bayern lief es im Vergleich zu heute ganz annehmbar – trotz der Unruhe, die der bevorstehende Abgang von Michael Ballack in die Mannschaft gebracht hatte, schien der nächste Meistertitel eine Selbstverständlichkeit zu sein. Wobei man ehrlich zugeben muss: Auch damals waren der FCB nicht überragend, allerdings waren die Konkurrenten nicht in der Lage, die Ausrutscher der Bayern in der Rückrunde (3:0 in Bremen verloren, 0:0 in Wolfsburg, 1:1 in Hannover, 1:2 zuhause gegen den HSV etc.) zu nutzen.
Schon damals hatte ich das elende Gefühl, das wir mit leeren Händen zu einer Schießerei fahren, das es einfach nicht gut gehen konnte, weil es nicht sein durfte.
Damals wie auch heute, waren wir qualitativ unterlegen. Denn: Ein Verein mit ernsthaften und realistischen Ambitionen im europäischen Spitzenfussball kann und darf keine Durchschnittsspieler vom Schlage eines Lell, Schweinsteiger, Altintop, Borowski, Oddo oder van Bommel im Kader haben.
Dazu ist Trainer Klinsmann nicht der Hauptschuldige an dieser Krise, er ist allerdings auch von jeglicher Beteiligung freizusprechen. Seine Personalentscheidungen, wie z.B. der gänzlicher Verzicht auf hochwertige Neuverpflichtungen in der Sommerpause und stattdessen die Ausleihe von Oddo und Donovan, das Theater um van Bommel in der Vorrunde, sowie der Einsatz von Butt anstatt Rensing haben viele Fragezeichen über unseren Köpfen hinterlassen.
Aber: Von Aussen bleibt es schwierig, den Anteil des Trainers und des Vorstandes an den strukturellen Problemen zu erkennen. Hält man sich an die Fakten, erhält man aber auch nicht den Eindruck, das der Verein einer übergeordneten Philosophie, bzw. einem Masterplan folgt.
Anatoly Tymoschuk kommt, van Bommel und (wohl auch) Ze Roberto bleiben. Dazu steht noch ein Ottl oder ein Borowski als Notnagel bereit.
Toni Kroos wird an die Pillendreher verliehen, kurz danach ein Baumjohann verpflichtet?
„Van Bommel auf der Bank“-Theater in der Hinrunde oder eben wie gestern gesehen: Butt für Rensing?
Ausleihe von Donovan und Oddo? Verkauf von Jansen?
Die Verpflichtung von Borowski in dieser und Olic in der nächsten Saison
Wenn ihr mich fragt, seht das alles nach einem riesigen Durcheinander aus, bei dem Vorstand und Trainer gegeneinander arbeiten.
Klinsmann scheint in seiner Arbeit vom Vorstand beschnitten worden zu sein, indem der kurzfristige Erfolg – wie immer – über eine ganzheitliche Philosophie gestellt worden ist. Es fehlt den Vereinsoberen, aber auch den zahllosen Bayern-Fans an Geduld für einen großen Umbruch.
Dazu kommt eine furchtbare Überschätzung des vorhandenen Stammpersonals von allen Beteiligten – auch den Spieler selbst. Klinsmann übernahm das komplette Team und behauptete jeden Spieler verbessern zu wollen. Allerdings erlag er einem fatalen Irrtum und hatte damals nicht die Möglichkeit bedacht, daß viele Spieler bereits an Ihrer Leistungsgrenze – und manche sogar darüber hinaus (siehe Altintop letztes Jahr) – gespielt haben. Wie soll also eine Verbesserung möglich sein, wenn die Spieler schon am Ende ihrerer fussballerischen Entwicklung angekommen sind?
Seit dem März 2006 und heute scheint die Vereinsführungs gar nichts dazugelernt zu haben. Immer wieder gehen die gehegten Ambitionen auf peinlichste Art und Weise zu Bruch (man erinnere sich z.B. an die beiden Niederlagen gegen Zenit St. Petersburg). Die Reaktion blieb bisher die gleiche: Mit Geld neue Qualität in die Mannschaft pumpen. National ist diese Rechnung bisher immer aufgegangen. Letztes Jahr hat man sich gänzlich von Investitionen verabschiedet und kassiert nun die Abrechnung für all die Versäumnisse – in der Bundesliga und in der Champions League.
Es stellen sich letztlich dieselben Fragen, wie nach dem Spiel gegen AC Mailand oder den Niederlagen gegen Zenit, daher zitiere ich mich einfach mal selbst:
Die durchwachsenen Leistungen gegen die zweite Wahl der europäischen Klubs führen letzten Endes zu einer großen Frage: Was will man mit dem FC Bayern erreichen? Reicht es den Verantwortlichen, der nationalen Konkurrenz in der Regel zu enteilen, in 4 von 6 Jahren deutscher Meister zu werden und international auf schlechte Tage der Konkurrenz zu hoffen oder will man im nächsten Jahr in der Champions League und dann auch auf Dauer im Konzert der Großen mitmischen?
Gibt man sich mit ersterem zufrieden, reicht es den aktuellen Kader zusammenzuhalten und etwas an den Schwachstellen des Kaders (Sturm, Rechtes Mittelfeld*) zu feilen. Schielt man aber nach größerem Ruhm und Ansehen, muss jede Position und jeder Spieler im Kader schonungslos taxiert, mit verfüg- und bezahlbarer Qualität auf dem Transfermarkt verglichen und bei Durchführbarkeit auch ausgetauscht werden. Insofern ist sogar ein größerer Umbruch als letztes Jahr möglich.
*(heuer kommen noch die Aussenpositionen in der Abwehr dazu) Anm. d. Verf.)
Nach den CL-Achtelfinalauslosungen im letzen Jahr, war ich mit dem Los Sporting Lissabon mehr als zufrieden. „Machbar!“ schoß es mir damals sofort durch den Kopf, doch heute bin ich mir dessen überhaupt nicht mehr sicher.
Gewiß, Sporting ist kein Club aus der Riege der „europäischen Riesen“, jenen Clubs, zu denen Klinsmann lt. seinem Mission Statement bei Amtsantritt aufschliessen will, jedoch sind sie gerade deswegen für Bayern gefährlich.
Das hat an Wochenende der Rivale Benfica durch die 2:3 Auswärtsniederlage bitter erfahren müssen. Selbiges könnte jetzt ebenfalls Bayern widerfahren, denn der deutsche Rekordmeister ist zur Zeit angeschlagen.
Drei Niederlagen aus vier Spielen in der mit viel Trara begonnen Rückrunde zeigen, daß die Bayern völlig aus der Spur laufen. Offensiv fehlen die zündenden Ideen und die Dynamik, um eine gut organisierte Verteidigung zu überwinden. Schlimmer noch: In den teilweise verzweifelten Versuchen, doch zum Torerfolg zu kommen rückt die Mannschaft zu weit auf und kassiert dann nach haarsträubenden Ballverlusten, durch gegnerische Konter jede Menge Gegentore, so viel wie schon seit langem nicht mehr.
Selbst gegen Mannschaften aus der unteren Tabellenhälfte schafft es der Rekordmeister erneut nicht, einen hohen Vorsprung nach Hause zu bringen. Etwas über zwei Minuten in Gladbach haben gezeigt, das die Abwehr, genau wie die wiedergefunden geglaubte „Mir san Mir„-Mentalität, auf äußerst wackligen Beinen steht.
Die Verteidigung sah bei beiden Gegentreffern mehr als amateurhaft aus. Demichelis darf vor dem Anschlusstreffer Friend niemals so zum Kopfball gehen lassen und Lell hätte den Ball unmittelbar vor dem Ausgleich – von mir aus mit dem am Boden liegenden Colautti – auf die Tribüne dreschen müssen.
Eigentlich war es ja wie so oft: Gegen einen am Boden liegenden Gegner zu früh den Gang rausgenommen und dann am Ende nicht mehr in der Lage gewesen wieder Gas zu geben.
Die Nachlässigkeit mit der wir die Gegner wieder aufbauen ist so etwas von unnötig! Das es gegen Schalke schon nicht ins Auge ging, war zu weiten Teilen Schalkes Unfähigkeit und etwas Glück geschuldet. Das es gegen Gladbach letzten Endes in die Hose gegangen ist zeigt, daß der Rekordmeister bis zur letzten Minute konzentriert und engagiert zu Werke gehen muss um erfolgreich zu sein.
Klinsmann hat noch vielen Schrauben zu drehen, denn im Vergleich zu Hitzfeld steht er um einiges schlechter da. Mit nahezu identischer Mannschaft hat er es geschafft, im ersten Saisondrittel soviele Gegentore einzufangen, wie in der gesamten letzten Saison. Selbst das wäre zu verschmerzen, wenn sich wenigstens das Spiel nach vorne merklich verbessert hätte. Und das ist definitiv nicht eingetreten. Weder ist etwas von der Dominanz, noch vom schnellen vertikalem Spiel in die Spitze zu sehen, welches der kalifornische Reformator zu Saisonbeginn dem Rekordmeister beibringen wollte.
Meine einzige Hoffnung ist das sich in der Winterpause etwas tut. Änderungen an der Zusammensetzung des Kaders plus eine konzentrierte Vorbereitung sind von Nöten, wenn das dieses Jahr etwas werden soll. Mit Klinsmann und dem Titel.